Mehr denn je wird die Fähigkeit zum selbstständigen Lernen im alltäglichen und im Berufsleben gefordert. Der Grundstein dazu wird bereits in der Grundschule gelegt. Unsere Erfahrungen der vergangenen Jahre haben gezeigt, dass die Methodenkompetenzen, die das selbstständige Lernen erst ermöglichen, bei den meisten Schülern zuvor nicht ausreichend erworben oder gefestigt werden konnten, dies jedoch im Schulalltag der Sekundarschule immer vorausgesetzt wurde. Die Folgen waren Demotivation bis Frust auf Lehrer- wie Schülerseite.
Dies hat uns dazu bewogen, ein Methodenkonzept zu erarbeiten, nach dem wir seit Beginn des Schuljahres 2004/2005 zunächst in verschiedenen Klassen, inzwischen seit 2007 in allen Klassen regelmäßig Methodentraining durchführen.
Aufbau und Implementierung des Methodentrainings
In Vorbereitung des Schuljahres 2004/2005 bildete sich eine Arbeitsgruppe aus drei Kollegen, die sich mit der Planung beschäftigte. Hier wurde zunächst die Struktur für die Durchführung des Methodentrainings festgelegt:
- Im Abstand von ca. vier Schulwochen wird in den betreffenden Klassen ein Methodentag durchgeführt.
- In den vom Methodentraining betroffenen Klassen wird an diesen Tagen kein Unterricht nach Stundenplan durchgeführt.
- An jedem Methodentag wird in vier bis sechs Unterrichtsstunden ein Thema (Baustein) erarbeitet und geübt.
- Die erlernten Methoden sollen in den „normalen“ Fachunterricht einfließen und dort angewandt und weiter geübt und gefestigt werden.
- Die Jahrestermine für das Methodentraining werden am Anfang eines jeden Schuljahres festgelegt. Dabei wird beachtet, dass das Training gleichmäßig auf alle Wochentage verteilt wird.
Jeder Baustein wird durch die Planungsgruppe als fertiges Unterrichtskonzept schriftlich ausgearbeitet und am Methodentag in den „eigenen“ Klassen durchgeführt. Nach jeder Durchführung erfolgt den Erfahrungen entsprechend eine Überarbeitung des Konzeptes.
Begonnen wurde mit Beginn des Schuljahres 2004/2005 – zunächst nur in den „eigenen“ Klassen der Kollegen der Planungsgruppe – einer fünften, einer sechsten und einer neunten Realschulklasse. Im darauf folgenden Schuljahr stiegen drei weitere interessierte Kollegen mit einer fünften und einer neunten Realschulklasse sowie der Kombiklasse 5/6 der Hauptschule in das Methodentraining ein.
Das Konzept sah vor, dass nach und nach alle fünften Klassen mit dem Methodentraining beginnen und dieses bis zur neunten bzw. zehnten Klasse durchführen. Die durchführenden Klassenlehrer können dabei auf die von der Planungsgruppe fertig ausgearbeiteten Bausteine zurückgreifen.
Durchführung des Methodentrainings – aktueller Stand
Seit Beginn des Schuljahres 2007/2008 nehmen alle Klassen der Schule regelmäßig am Methodentraining teil. So erarbeiten alle Klassen vom fünften bis zum neunten Jahrgang 28 Trainingsbausteine. Im zehnten Jahrgang folgen dann nur noch drei Bausteine, die das Ganze abrunden und für Abgänger nach Klasse 9 (Hauptschule) entbehrlich sind. Dadurch ergibt sich eine sinnvolle Aufteilung der Bausteine auf die Jahrgänge wie folgt:
Klasse 5: 6 Trainingsbausteine
Klasse 6: 6 Trainingsbausteine
Klasse 7: 6 Trainingsbausteine
Klasse 8: 6 Trainingsbausteine
Klasse 9: 4 Trainingsbausteine
Klasse 10: 3 Trainingsbausteine
Etwa alle sechs Schulwochen findet in der Schule ein sogenannter Methodentag statt.
Rückmeldungen oder Vorschläge von Kollegen und Schülern sowie sich ständig verändernde Rahmenbedingungen führen dazu, dass die Bausteine ständig aktualisiert bzw. überarbeitet werden.
Durch eine entsprechende Bemerkung (siehe unten) auf dem Zeugnis erhalten Schüler und Erziehungsberechtigte eine Rückmeldung über die Teilnahme am Methodentraining und die Anwendung des Erlernten durch den Schüler im Unterricht.
Im Einzelfall kann von den Standardbemerkungen A – E (siehe unten) abgewichen werden.
Standardbemerkungen für das Zeugnis
- … hat regelmäßig am Methodentraining teilgenommen und wendet das Erlernte mit Erfolg an.
- … hat regelmäßig am Methodentraining teilgenommen und wendet das Erlernte an.
- … hat regelmäßig am Methodentraining teilgenommen und sollte sich bemühen, das Erlernte konsequent anzuwenden.
- … hat nicht regelmäßig am Methodentraining teilgenommen.
- … sollte beim Methodentraining konstruktiver mitarbeiten.
Übersicht über die Bausteine zum Methodentraining
Baustein 0 Hausaufgaben und häuslicher Arbeitsplatz
- Gestaltung des häuslichen Arbeitsplatzes (Licht, Ordnung, Musik, Ablenkungen)
- Biologische Leistungskurve
- Regeln für Hausaufgaben und Vorbereitung auf den nächsten Schultag
Baustein 1 Arbeitsmittel und Grundtechniken
- Arbeitsmittel und deren Handhabung
- gestalterische Grundtechniken wie Ausschneiden, Aufkleben, Ausmalen, Schraffieren, Zeichnen, Falten und Kleben
Baustein 2 Gestaltung von Heften und Mappen
- Übersichtlichkeit und Systematik bei der Heftgestaltung
(Sauberkeit, Anordnung, systematisches Einrücken, Ränder,…)
Baustein 3 Gruppenarbeit I
- erste Regeln zum Arbeiten in Gruppen, die eine konstruktive Zusammenarbeit erst ermöglichen
Baustein 4 Lesetechniken
- 5-Schritt-Lesemethode zum bewussten, sinnentnehmenden Lesen von Informationstexten
Baustein 5 Markieren und Strukturieren
- Finden von Schlüsselworten und Nebeninformationen in Texten
- Sinnvolles Markieren in Texten
- Strukturieren von Schlüsselworten und Nebeninformationen in einer Tabelle
Baustein 6 Texte strukturieren – Mind-Map
- Speicherfähigkeit von Informationen durch Bilder (im Vergleich zu Texten)
- Regeln für das Erstellen einer Mind-Map
- Funktionen beider Gehirnhälften (Hemisphärenverknüpfung)
Baustein 6a Konzentration und Entspannung
- Zusammenhang von Konzentrationsfähigkeit und Entspannung
- Kennenlernen von Konzentrations- und Entspannungsübungen
Baustein 7 Lerntypen
- Lernkanäle (Sehen, Schreiben/Handeln, Lesen, Hören)
- Herausfinden des eigenen Lerntyps
- Vorteile des mehrkanaligen Lernens
Baustein 8 Effektiv üben
- Langzeitexperiment (4 Tage vor Methodentag beginnend)
- Der Weg ins Langzeitgedächtnis (Wiederholen, Pausen, kleine Portionen, mehrkanaliges Lernen, richtiger Lernzeitpunkt
Baustein 8a Wiederholungszyklus 1
- Arbeitsplatz und Planung der Hausaufgaben als Voraussetzung für eine Rationalisierung des Arbeitsaufwandes
Baustein 9 Visualisierungstechniken
- Methoden zur anschaulichen Darstellung von Informationen (Zeitleiste, Tabelle, Flussdiagramm, Säulendiagramm, Kreisdiagramm, Kurvendiagramm (Liniendiagramm), Beziehungsdiagramm (Soziogramm), Network)
Baustein 10 Klassenarbeiten vorbereiten
- Methoden zur erfolgreichen Vorbereitung auf einen Test oder eine Klassenarbeit
Baustein 11 Mentales Visualisieren
- Verbesserung der Gedächtnisleistung durch Verbildern von Gegenständen, Fakten und Abläufen
Baustein 12 Mind-Mapping II
- Fortführung des Bausteins 6
- gesprochene oder gelesene Texte als Mind-Map notieren
- Mind-Map als Vorlage für Vorträge
- unterstützende Funktion von Bildern und Symbolen
Baustein 13 Mündliche Mitarbeit 1
- erkennen, dass mündliche Mitarbeit oft durch Redehemmungen beeinflusst wird
- eigene Redehemmungen erkennen
- Strategien zur Bekämpfung der eigenen Redehemmungen entwickeln
- Selbsteinschätzung des eigenen Redeverhaltens
- Zielformulierungen für die Zukunft
Baustein 14 Präsentieren I
- Erarbeitung verschiedener Kriterien für eine gelungene Präsentation
- Erarbeitung einer Präsentation mit den neuen Kriterien und Reflexion
Baustein 14a Arbeit mit Nachschlagewerken
Beschaffung von Informationen aus dem Internet
Überprüfung und Abschätzung des Wahrheitsgehaltes
Baustein 15 Gruppenarbeit II
- Funktionen in einer Gruppenarbeit (Verteilung von Verantwortung)
Baustein 16 Wiederholungszyklus 2
- Wiederholung und Anwendung der bisher erlernten Methoden
Baustein 17 Einfach reden und zuhören!?
- das Modell „Vier Seiten der Kommunikation“ von Friedrich Schulz von Thun kennen lernen
- Missverständnissen bei einer Kommunikation vorbeugen bzw. lernen sie zu beseitigen
- Unterschiede zwischen Sender und Empfänger wahrnehmen und bei der Kommunikation berücksichtigen
Baustein 18 Arbeit mit Nachschlagewerken 2
- Kennenlernen von Nachschlagewerken
- Nachschlagen in den Schulbüchern und Materialsammlungen
Baustein 19 Notizen 1
- Warum? Wofür? Wozu? ==> Zweck von Notizen
- Wie? Welche? ==> Hilfestellung zum Anfertigen und Ablegen von Notizen
Baustein 20 Gruppenarbeit III
- Gruppenarbeit üben
- Bewertungskriterien für Gruppenarbeit durch den Lehrer kennen und anwenden
- Selbst- und Fremdbeobachtung trainieren
Baustein 21 Mündliche Mitarbeit II
- Wiederholung der Ursachen für Redeängste (Mündliche Mitarbeit I)
- Erkennen, dass Aufregung und unzureichende Vorbereitung die häufigsten Ursachen für Redeängste sind
- Training des freien Sprechens
Baustein 22 Wiederholungszyklus III
- Training: Markieren/Strukturieren, Mind-Map, Nachschlage-werke, Mentales Visualisieren, Notizen
Baustein 23 Notizen 2
- Training der Methode „Notizen anfertigen“
Baustein 24 Präsentieren II
- Training der Selbst- und Fremdbeobachtung beim Präsentieren
- Hinweise/Kritik unmittelbar umsetzen
- Erarbeitung und Überarbeitung einer zu bewertenden Präsentation
Baustein 25 Gestaltung von Referaten
- es geht hier nicht um die inhaltliche Erarbeitung
- im Vordergrund steht die korrekte äußere Form „wissenschaftlicher“ Arbeiten
Baustein 26 Referate 2
- inhaltlich und formal korrekte Vorbereitung und Erstellung eines Referates
- Schwerpunkt: Gliederung
Baustein 27 Visualisierungstechniken 2
- Übung des Umgangs mit Schaubildern und Diagrammen
- Schaubilder interpretieren
- Auswählen und Anfertigen geeigneter Diagramme zur Visualisierung bestimmter Informationen
verantwortlich: Heike Bothe, Thomas Westphal